Anguis fragilis Linnaeus, 1758

Blindschleiche

Anguidae, Schleichen | Reptilia-Reptilien




Beschreibung

In Mitteleuropa gehört sie zu den am häufigsten vorkommenden Reptilien. Mit ihrem beinlosen, langgestreckten Körper gleicht sie einer Schlange und wird auch oft für eine solche gehalten. Dieses Missverständnis spiegelt sich sogar im wissenschaftlichen Gattungsnamen wider, den ihr Carl von Linné gegeben hat (lateinisch anguis = „Schlange“; der Artname fragilis bedeutet „zerbrechlich“). Wichtige Unterscheidungsmerkmale zu den Schlangen sind das leichte Abbrechen des Schwanzes sowie das für alle Schleichen typische Vorhandensein von beweglichen Augenlidern und äußeren Gehöröffnungen, wenn auch letztere durch Schuppen verdeckt sind.
Ein anderer verbreiteter Irrtum ist, dass die Blindschleiche gemäß der Artbezeichnung blind sei. Der deutsche Name wird aber auf das Althochdeutsche plintslîcho zurückgeführt, was nach allgemeiner Auffassung so viel wie „blendender/blinkender Schleicher“ bedeutet und sich auf das Glänzen der glatten Schuppenhaut sowie die typische Fortbewegung beziehen dürfte. 

Die Art hat ein westpaläarktisches Verbreitungsgebiet, das den größten Teil Europas und Bereiche von Vorderasien umfasst. Bei den Lebensraumansprüchen gilt die Blindschleiche als eurytop, sie nutzt also ohne besondere Spezialisierung eine Vielzahl unterschiedlicher Biotope. Häufig ist sie in dichten Laubwäldern und an deren Rändern, an Hecken, in teilentwässerten Hochmooren und an Moorrändern und an gebüschgesäumten Borstgrasrasen anzutreffen, ferner in Heidegebieten, auf Brachen, Wiesen, an Bahndämmen, Holzstößen, Wegrändern, in Parks und naturnahen Gärten der Siedlungsränder; selbst dichte Nadelwälder mit nur kleinräumigen Sonnenflächen genügen ihr manchmal. Den Winter verbringen Blindschleichen in Kältestarre bzw. Ruhe in den oben genannten, möglichst frostsicheren Verstecken. 

In Mitteleuropa liegt die Paarungszeit der Art meist zwischen Ende April und Juni. Die Männchen ringen in sogenannten Kommentkämpfen dann oft heftig um die Weibchen, obwohl diese in den meisten Populationen in der Überzahl sind. Die Kontrahenten versuchen sich gegenseitig zu Boden zu drücken, beißen sich und schlingen sich fest umeinander. Bei der Paarung wird das Weibchen in den Kopf oder die Nackenregion gebissen, während das Männchen seine Hemipenes in die Kloake des Weibchens einführt. Die Kopulation kann mehrere Stunden dauern.

Die Blindschleiche gilt als Kulturfolger und hat lange von Landschaftsveränderungen durch Menschen profitiert, da viele strukturreiche, halboffene Biotope entstanden. Sie steht unter Natur- und Artenschutz und darf nicht gefangen oder verletzt werden. Insbesondere ist zu vermeiden, Blindschleichen an ihrem hinteren Körperabschnitt festzuhalten. Dies kann sonst das Abwerfen des Schwanzes auslösen, wodurch das Tier zwar nicht stirbt, aber zeitlebens verstümmelt bleibt.

Seite „Blindschleiche“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 31. März 2020, 07:38 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Blindschleiche&oldid=198296520 (Abgerufen:19. April 2020, 18:30 UTC)