Gomphus pulchellus Sélys, 1840
Westliche Keiljungfer
Gomphidae, Flussjungfern | Odonata-Libellen
Beschreibung
Das Hauptverbreitungsgebiet der Art liegt in Südwesteuropa. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts galt der Rhein als nordöstliche Arealgrenze der Art; Deutschland somit als nicht von Gomphus pulchellus besiedelt. Inzwischen hat sich das Verbreitungsgebiet aber wiederum deutlich nach Nordosten erweitert; es liegen nun Beobachtungen bis aus Nordniedersachsen (Ostfriesland, Elbe-Weser-Dreieck) und Sachsen-Anhalt vor. Als Schwerpunktvorkommen in Deutschland wird derzeit die Oberrheinebene genannt.
Die Expansion des Verbreitungsgebietes wird zum einen mit klimatischen Veränderungen, zum anderen mit einem erhöhten Biotopangebot erklärt. Die Westliche Keiljungfer nutzt vor allem Baggerseen in Kiesgruben als Sekundärlebensräume und hat insofern von deren Zunahme profitiert. Darüber hinaus besiedelt sie Stauseen, eutrophe Moorweiher, Altarme von Flüssen, Flussunterläufe und breite, träge fließende Kanäle. Gemeinsame Merkmale dieser Gewässer sind besonnte, offene (wenig bewachsene) Sand-, Kies- oder Geröllufer, verbunden mit tieferen Wasserzonen, die feinkörnige bis schlammige Sedimente aufweisen.
Die Larven der Westlichen Keiljungfer leben im Bodengrund des Gewässers, beispielsweise in Sedimenten aus Grobdetritus, zwischen submersem Falllaub oder in den Spalträumen zwischen Gestein. Dabei scheinen jüngere Stadien eher die feinsandigeren Untergründe zu bevorzugen, ältere eher Grobsand und Kies. Eine Durchströmung des Gewässers ist nicht erforderlich, wird aber zumindest toleriert. Dank ihrer zumeist nächtlichen und unterirdischen Aktivität können die Larven auch in Seen mit hohem Prädationsdruck durch Fische überleben und abundanzstarke Populationen aufbauen. Sie jagen im Sediment nach allerlei Kleingetier wie etwa Schlammröhrenwürmern, Zuckmückenlarven, Roll-Egeln und Schlammfliegenlarven. Sie haben eine meist zweijährige, manchmal auch dreijährige Entwicklungszeit, in der sie bis zu 15 Häutungsstadien durchlaufen.
Der Schlupf der Imagines beginnt in Mitteleuropa bereits ab Anfang Mai. Die Flugzeit dauert bis in den August, wobei der Schwerpunkt im Juni und Juli liegt. Die Lebensdauer einer adulten Libelle dieser Art wird mit maximal etwa 45 Tagen beziffert.
Nach dem Schlupf verlassen die jungen Imagines den Gewässerbereich und verteilen sich während einer mehrwöchigen Reifungsperiode in einem Radius von mehreren Hundert Metern, teilweise auch einigen Kilometern im Umland. Hier jagen sie auf sonnigen Wiesen, Waldschneisen oder in Hochstaudenfluren nach Insekten. Sie bevorzugen dabei sitzende oder niedrig fliegende Beute, die sie unter ihrem Thorax zu Boden drücken, beispielsweise Kohlschnaken (Tipula oleracea). Als geschlechtsreife Tiere kehren sie wieder zum Gewässer zurück. Hier halten sich die Männchen nun bevorzugt an sonnigen Sand- und Kiesufern dicht am Wasser auf und sind nicht sehr flugfreudig. Untereinander verhalten sie sich relativ friedlich; gegenüber gleichzeitig aktiven Großen Blaupfeilen kommt es dagegen häufiger zu Attacken.
Fliegt ein Weibchen zum Gewässer an, wird dieses in der Regel sogleich von einem Männchen ergriffen. Das eigentliche Paarungsrad wird stets über dem Wasser in zwei bis vier Metern Höhe gebildet; die Kopulation wird dann in der Ufervegetation fortgesetzt.
Bei der Eiablage presst das Weibchen im Sitzen einen Eiballen aus, der anschließend durch wiederholtes kurzes Eintauchen des Abdomens portionsweise auf der Wasseroberfläche abgestreift wird. Die Eier sinken auf den Gewässergrund und bleiben mithilfe einer klebrigen Gallertscheibe am Sediment haften.
Die Westliche Keiljungfer ist als „besonders geschützte“ Art eingestuft. Ihre ursprünglichen Primärbiotope – Flussauen mit natürlicher Prozessdynamik – sind in Mitteleuropa kaum noch vorhanden oder anthropogen völlig verändert. Daher ist die Art heute in hohem Maße auf Ersatzlebensräume wie Baggerseen angewiesen. Dort kann Eutrophierung, Besatz mit stark gründelnden Fischen (Karpfen u. a.) sowie intensiver Freizeitbetrieb durch Angler und Badegäste das Überleben der Larven im Gewässergrund beeinträchtigen.
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