Enallagma cyathigerum (Charpentier, 1840)

Gemeine Becherjungfer, Becher-Azurjungfer

Coenagrionidae, Schlanklibellen | Odonata-Libellen




Beschreibung

Die Gemeine Becherjungfer ist in der Wahl des Lebensraums relativ anspruchslos und besiedelt eine Vielzahl verschiedener Gewässertypen – langsam fließende Bäche, Weiher und Tümpel mit offener Wasserfläche sowie Moorenseen – und ist daher eine der am weitesten verbreiteten und auch häufigsten Libellen Europas. Von der IUCN wird sie als ungefährdet eingestuft.

Das große Verbreitungsgebiet erstreckt sich über ganz Europa und weite Teile Asiens. Vor allem im Norden und Osten des Verbreitungsgebiets treten sehr dunkel gefärbte Männchen auf, die nicht in allen Merkmalen denen der mitteleuropäischen Populationen entsprechen. Diese morphologische Variabilität führte zu einer Reihe von fehlerhaften Artbeschreibungen.

Die Hauptflugzeit der Imagines liegt zwischen Juni und August. Im Gegensatz zu anderen Kleinlibellen fliegt die Gemeine Becherjungfer oft über der freien Wasserfläche und nutzt hier die spärliche Vegetation, die nur wenige Zentimeter aus dem Wasser ragt, als Sitzwarte. Die Männchen halten ihre Körper dabei nahezu horizontal und sind durch dieses Spezifikum oft schon von weitem zu identifizieren. Wie die überwiegende Zahl der Kleinlibellen ist E. cyathigerum ein Lauerjäger, der potentielle Beute horizontal anfliegt, mit den Beinen ergreift und mit ihr auf die Sitzwarte zurückkehrt, um sie dort zu verzehren. Zum Beutespektrum gehören Klein- und Kleinstinsekten wie Stech- und Kriebelmücken, die Art hat aber keine spezifischen Ansprüche, sondern frisst alles, was sie überwältigen kann. Becherjungfern unternehmen zudem Suchflüge zum gezielten Beuteerwerb in der Gewässerrandvegetation. Hierbei werden auch sitzende Tiere, zum Beispiel Blattläuse, aufgenommen oder sogar gezielt Beute aus Netzen von Radspinnen gepflückt, ohne dabei in Kontakt mit dem Spinnennetz zu geraten.

Ab Mitte Mai suchen die ausgereiften Weibchen die Gewässer zur Fortpflanzung auf, wo sie von den Männchen schon erwartet werden. Häufig gelingt es einem Männchen, ein Weibchen schon zuvor abzupassen, so dass das Paar das Fortpflanzungsgewässer bereits als Tandem erreicht. Bei der Kopulation räumt das Männchen vor der Spermaübertragung mit dem sekundären Begattungsorgan eventuell vorhandenes Sperma anderer Männchen aus vorhergehenden Begattungen aus. Dazu besitzt es an der Spitze des Penis Strukturen, mit denen es fremdes Sperma ergreifen und aus dem Genitaltrakt der Weibchen entfernen kann. Da die Eier erst unmittelbar vor der Eiablage befruchtet werden, verschafft es seinem eigenen Sperma hierdurch eine günstigere Position zur Befruchtung und sich selbst damit einen Reproduktionsvorteil.

Zwei bis drei Wochen nach der Eiablage schlüpfen die Larven. Bis zur Umwandlung zur Imago durchlaufen die Larven zehn bis zwölf Häutungsstadien, in Mitteleuropa meist innerhalb eines Jahres. In kühlen Berglagen kann die Entwicklung auch bis zu vier Jahren dauern. Die Larve überwintert in einem der letzten Häutungsstadien.

Die Schlüpfperiode liegt zwischen Ende April und Anfang September mit der größten Schlupfrate im Juni. Im Gegensatz zu vielen anderen Kleinlibellenlarven, die zum Schlüpfen an das seichte Ufer wandern, nutzt Enallagma cyathigerum meist senkrechte Halme der offenen Wasservegetation. Der Schlupf erfolgt dann nur wenige Zentimeter über der Wasserfläche.

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