Calopteryx virgo (Linnaeus, 1758)

Blauflügel-Prachtlibelle

Calopterygidae, Prachtlibellen | Odonata-Libellen




Beschreibung

Das Verbreitungsgebiet der Blauflügel-Prachtlibelle umfasst ganz Europa mit Ausnahme der südwestlichen Iberischen Halbinsel, der Balearen sowie Island. Die Blauflügel-Prachtlibelle lebt vor allem an kleinen bis mittelgroßen Bachläufen und anderen Fließgewässern. Diese zeichnen sich durch eine relativ niedrige Wassertemperatur sowie durch eine mäßige bis schnelle Strömung aus. Die Gewässer dürfen dabei nicht zu nährstoffreich (eutroph) sein. Im nördlichen Teil ihres Verbreitungsgebietes, etwa in Norwegen, ist sie auch an mittelgroßen Flüssen anzutreffen und im Norden Finnlands sogar in größeren Strömen. Die Gewässer liegen dabei meist in unmittelbarer Nähe zu Waldbeständen. Im Gegensatz zur Gebänderten Prachtlibelle findet man sie dabei sogar an Bächen innerhalb von Wäldern und an Moorbächen und -gräben.

Wie bei der Gebänderten Prachtlibelle kommt es auch bei der Blauflügel-Prachtlibelle zu einem ausgeprägten Revierverhalten der geschlechtsreifen Männchen. Diese besetzen Tagesreviere, die sie gegen andere Männchen verteidigen. Die Verteidigung besteht dabei meist nur in Drohgebärden. Dazu spreizen sie ihre Flügel und stellen diese damit deutlich sichtbar zur Schau, außerdem kommt es zu Drohflügen und in seltenen Fällen auch zu Luftkämpfen zwischen rivalisierenden Männchen.

Die Paarung erfolgt in einer Weise, die für die Gattung Calopteryx typisch ist und der ein auffälliges Werbeverhalten voraus geht. Die Weibchen überfliegen die Gewässer, immer auf der Suche nach geeigneten Eiablageplätzen. Sie durchfliegen dabei die Reviere der Männchen. Die Männchen, die Weibchen an den Lichtreflexen der sich bewegenden Flügel erkennen, fliegen diesen entgegen, sobald sie die Reviergrenze überflogen haben. Sie nutzen dabei einen auffälligen Schwirrflug, der nur bei der Balz gezeigt wird, und präsentieren dabei die Unterseite ihres hoch erhobenen Hinterleibes. Die letzten drei Segmente desselben sind dabei deutlich heller und werden als „Laterne“ bezeichnet, die präsentiert wird. Das Männchen leitet auf diese Weise das Weibchen an die Eiablageplätze („Zeigeflug“) und umkreist es auf der Wasserfläche, sobald es sich abgesetzt hat. Danach folgt wiederum eine Phase des Schwirrflugs. Erst wenn das Weibchen dabei sitzen bleibt und so seine Paarungsbereitschaft signalisiert, kommt es zur Paarung. 

Da die Blauflügel-Prachtlibelle aufgrund ihrer sehr eng begrenzten ökologischen Ansprüche (Stenökie) vor allem der Larven nur an Gewässern vorkommen kann, die sich durch einen wenig vom Menschen beeinflussten und naturnahen Wasserkörper auszeichnen, ist sie im größten Teil ihres Verbreitungsgebietes sehr selten. Sie fehlt entsprechend in Gebieten um größere Städte oder um industrielle Ballungsräume vollständig, und auch in Regionen mit stark ausgeprägter landwirtschaftlicher Nutzung ist sie nur selten anzutreffen. Entsprechend dieser Situation wird sie in Deutschland in der Roten Liste (1998) als gefährdet eingestuft, in einigen Bundesländern ist sie vom Aussterben bedroht. Ähnlich verhält es sich auch in Österreich, der Schweiz und anderen mitteleuropäischen Ländern. 

Zu den Faktoren, die eine Besiedlung der Gewässer für die Larven der Blauflügel-Prachtlibelle unmöglich machen, gehören zum einen die Kanalisierung und Verbauung derselben, bei denen die für die Ansiedlung wichtigen Wasserpflanzen verloren gehen. Zum anderen stellt die Eutrophierung der Gewässer durch die Landwirtschaft sowie durch Haushaltsabwässer einen wichtigen Faktor für den Rückgang dar. Diese führt zu einer verstärkten Faulschlammbildung und damit vermehrten Sauerstoffzehrung in den betroffenen Gewässern sowie zu einem verstärkten Algenwachstum. Doch auch naturnahe Gewässer mit geringer Gewässerbelastung können in einem Zustand sein, der für die Tiere nicht nutzbar ist. So darf die Wasserfläche nicht von den Pflanzen des Randbewuchses vollständig überwachsen sein, dies geschieht vor allem durch schnell wachsende Pflanzen wie das Echte Mädesüß (Filipendula ulmaria), die Große Brennnessel (Urtica dioica) oder das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera). Auch der Baumbewuchs am Gewässerrand darf keine geschlossene Baumkrone ausweisen, da ansonsten die notwendige Sonnenbestrahlung fehlt.

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