Lytta vesicatoria (Linnaeus, 1758)

Spanische Fliege

Meloidae, Ölkäfer | Coleoptera-Käfer




Beschreibung

Die Tiere sind in Südeuropa und dem afrikanischen Mittelmeergebiet häufig, in Mitteleuropa sind sie nur selten anzutreffen. Im Gebirge kommen sie bis in 1.700 m Höhe vor. Spanische Fliegen leben in Gebüschen an warmen Orten. Sie fliegen Mitte Juni, wobei sie besonders um Mittag aktiv sind. Die Käfer können einen üblen Geruch absondern. Bei Gefahr pressen sie gelbe Hämolymphe aus verschiedenen Körperregionen, etwa den Beingelenken (Reflexbluten), oder sie würgen Verdauungssäfte aus dem Mund. Beides ist stark cantharidinhaltig und wirkt hautreizend (unter Umständen können Blasen entstehen).

Man findet die Imagines meist auf ihren Fraßpflanzen, von deren Blättern sie sich ernähren. Die wichtigsten Fraßpflanzen sind Fraxinus excelsior sowie – mit Ausnahme von Fraxinus ornus – weitere Eschenarten, daneben noch Pappeln, Holunder, Ahorne, Liguster, Flieder und Ölbäume. Die Käfer können bei Massenauftreten vor allem bei verschiedenen Ölbaumgewächsen als Schädlinge auftreten, aber auch junge Eschen völlig kahlfressen. Die Käfer fressen zunächst die jungen zarten Blätter, später nehmen sie jedoch auch zähere alte Blätter an. Das Fraßbild sieht wüst aus, da die Käfer große bogige Stücke aus dem Blatt reißen.

Das Weibchen der Spanischen Fliege verscharrt die Eier in einem selbst gegrabenen Erdloch. Nach drei bis vier Wochen schlüpfen die Larven. Ihre Entwicklung ist eine Hypermetamorphose: Es gibt drei Larvenformen, die sich auch morphologisch voneinander unterscheiden. Die Entwicklung der Larven findet, wie bei allen Ölkäfern, parasitisch statt. Ihre Wirte sind Wildbienen. Die erste Larvenform, die sogenannte Triungulinus-Larve, klettert auf Blütenpflanzen, wo sie auf Wildbienen lauert und, falls eine kommt, auf deren Rücken ins Nest der Wildbienen reitet. Im Wildbienennest angekommen, entwickelt sich die zweite Larvenform, die sogenannte caraboide Larvenform. Sie parasitiert zwei Wochen lang im Bienennest, dann entwickelt sie sich zur Scheinpuppe, die auch Pseudochrysalis genannt wird. Als Scheinpuppe überwintert sie ein bis zwei Mal, und zwar wahrscheinlich außerhalb des Nestes im Boden. Nach der Überwinterung, vielleicht erst im April, entwickelt sich die dritte Larvenform, die scarabaeoide Larvenform, die sich zu einer echten Puppe verpuppt. Nach zweiwöchiger Puppenruhe schlüpft die Imago.

Bekannt ist der Käfer vor allem durch das als Potenzmittel genutzte Pulver, welches aus den zermahlenen Käfern besteht und ebenfalls als Spanische Fliege bezeichnet wird. Dieses enthält den Wirkstoff Cantharidin, benannt nach der Käfergattung Cantharis, zu der die Spanische Fliege früher gezählt wurde. Im Rahmen der Homöopathie und Tierhomöopathie wird es unter der Bezeichnung „Cantharis vesicatoria“ eingesetzt.

Cantharidin kommt auch bei einer Reihe weiterer Arten der Ölkäfer sowie bei anderen Käferfamilien vor. Es ist ein starkes Reizgift, welches auf der Haut Blasen und Nekrosen verursacht und bei oraler Einnahme zu akutem Nierenversagen führen und dadurch tödlich sein kann. Für erwachsene Menschen sind etwa 0,03 g des Giftes tödlich, für Fressfeinde wie Igel, Fledermäuse, Frösche oder Vögel ist es ungefährlich. Es wird nur von den männlichen Käfern synthetisiert. Eine Potenzsteigerung wird dem Mittel durch eine massive Reizung der Harnwege nachgesagt, welche zu einer starken Erektion bis hin zu einer schmerzhaften Dauererektion führen kann. Das sexuelle Verlangen wird durch die Einnahme der Spanischen Fliege nicht gesteigert, sie ist also kein Aphrodisiakum. Auch der deutsche König Heinrich IV. (1050–1106) riskierte für die Potenz seine Gesundheit und konsumierte die Spanische Fliege.

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